Morbus Behçet 


Version von 2016
diagnosis
treatment
causes
Behcet’s Disease
Morbus Behçet
Morbus Behçet oder Morbus Adamantiades-Behçet (MB) ist eine Entzündung der Blutgefäße im gesamten Körper (systemische Vaskulitis) mit unbekannter Ursache
evidence-based
consensus opinion
2016
PRINTO PReS



1. ÜBER BEHCET

1.1 Was ist das?
Morbus Behçet oder Morbus Adamantiades-Behçet (MB) ist eine Entzündung der Blutgefäße im gesamten Körper (systemische Vaskulitis) mit unbekannter Ursache. MB ist nach dem türkischen Arzt Prof. Dr. Hulusi Behçet benannt, der die Krankheit im Jahr 1937 zum ersten Mal beschrieben hat. Beim Morbus Behçet befällt die Entzündung die Gefäße der Schleimhäute (Gewebe, das den Schleim produziert, der die Verdauungs-, Genital- und Harnorgane auskleidet) und die Haut. Die Hauptzeichen der Erkrankung sind wiederkehrende Geschwüre (Aphten) im Mund und an den Geschlechtsorganen (Genitalien) sowie eine Beteiligung der Augen, Gelenke, Haut, Blutgefäße und des Nervensystems.

1.2 Wie häufig tritt die Erkrankung auf?
MB tritt in bestimmten Teilen der Welt häufiger auf. Die geografische Verteilung von MB fällt mit der historischen „Seidenstraße" zusammen. Die Erkrankung wird hauptsächlich in Ländern des Fernen Ostens (wie Japan, Korea, China), des Nahen Ostens (Iran) und des Mittelmeerraums (Türkei, Iran, Irak, Tunesien, Marokko) beobachtet. Die Anzahl der Patienten in der erwachsenen Bevölkerung (Prävalenz) beträgt 100-300 Fälle/100.000 Menschen in der Türkei, 1/10.000 in Japan und 0,3/100.000 in Nordeuropa. Laut einer im Jahr 2007 durchgeführten Studie beträgt die Häufigkeit von MB im Iran 68/100.000 Einwohnern (dies ist die zweithöchste Zahl an Betroffenen auf der Welt nach der Türkei). Aus den USA und Australien werden wenige Fälle berichtet.
MB kommt bei Kindern und Jugendlichen sehr selten vor. Auch in den Hochrisikobevölkerungen überwiegend aus Asien ist die Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen selten. Ungefähr 3 - 8 % aller MB-Patienten erfüllen vor dem 18. Lebensjahr die Diagnosekriterien(d.h. Ärzte können dann in dem jungen Alter sicher sagen, dass ein MB vorliegt.) Bei unvollständiger Symptomatik ist oft eine langfristige Beobachtung erforderlich. Insgesamt liegt das Alter bei Ausbruch der Erkrankung zwischen 20 und 35 Jahren. Frauen und Männer sind gleich häufig betroffen, doch der Krankheitsverlauf ist bei Männern in der Regel schwerwiegender.

1.3 Was sind die Ursachen der Erkrankung?
Die Ursachen der Erkrankung sind unbekannt. Studien, die kürzlich mit einer großen Patientenzahl durchgeführt wurden, legen nahe, dass eine genetische Veranlagung eine Rolle spielt, wenn ein Patient an MB erkrankt. Es ist kein spezieller Auslöser bekannt. In verschiedenen Zentren werden Studien zur Ursache und Behandlung von MB durchgeführt.

1.4 Ist die Erkrankung vererbbar?
Es gibt kein einheitliches Vererbungsmuster bei MB. Dennoch wird eine gewisse genetische Veranlagung, insbesondere bei Patienten mit frühem Krankheitsausbruch, vermutet. Die Erkrankung geht mit einer genetischen Prädisposition (HLA-B5) einher; dies gilt insbesondere für Patienten aus dem Mittelmeerraum und dem Fernen Osten. Es gibt Berichte über Familien, in denen mehrere Mitglieder an der Krankheit leiden.

1.5 Warum leidet mein Kind an der Krankheit? Kann ihr vorgebeugt werden?
MB kann nicht verhindert werden und seine Ursache ist unbekannt. Sie hätten nichts tun können, um zu verhindern, dass Ihr Kind an MB erkrankt. Es ist nicht Ihre Schuld.

1.6 Ist es ansteckend?
Nein, MB ist nicht ansteckend.

1.7 Welches sind die Hauptanzeichen (Hauptsymptome)?
Geschwüre (Bläschen oder Aphten) im Mund: Geschwüre (Bläschen oder Aphten) im Mund treten bei fast jedem Patienten auf. Sie sind das Anfangszeichen bei ungefähr einem Drittel der Patienten. Die Mehrheit der Kinder weist mehrere kleine Geschwüre (Bläschen oder Aphten) auf (aber auch gesunde Kinder können immer wieder ähnliche kleine Aphten im Mund entwickeln). Große Geschwüre sind seltener und können schwer zu behandeln sein.
Geschwüre an den Genitalien: Bei Jungen treten die Geschwüre (Aphten) hauptsächlich am Hodensack und seltener am Penis auf. Bei erwachsenen männlichen Patienten hinterlassen sie fast immer eine Narbe. Bei Mädchen sind hauptsächlich die äußeren Geschlechtsteile (Genitalien) betroffen. Diese Geschwüre ähneln den Geschwüren im Mund. Kinder vor der Pubertät weisen weniger Geschwüre an den Genitalien auf. Bei Jungen kann es zu einer wiederkehrenden Hodenentzündung (Orchitis) kommen.
Beteiligung der Haut: Es kommt zu unterschiedlichen Hautveränderungen. Akneähnliche Veränderung treten nur nach der Pubertät auf. Rote, schmerzhafte, knötchenförmige Veränderungen, die normalerweise an den Unterschenkeln zu finden sind werden Erythema nodosum genannt. Diese Veränderungen treten bei Kindern vor der Pubertät häufiger auf.
Pathergie-Test (Katzenellenbogen-Test): Als Pathergie wird die Reaktion der Haut von MB-Patienten auf einen Nadelstich bezeichnet. Diese Reaktion wird zur Diagnosesicherung eines Morbus Behçet eingesetzt. Nach einem Stich mit einer sterilen Kanüle in die Haut der Innenseite des Unterarms bildet sich innerhalb von 24 bis 48 Stunden ein Hautknötchen (runder, erhabener, Ausschlag) oder eine Pustel (runder, erhabener, eitriger Ausschlag). Nicht jeder Patient zeigt diese Pathergiezeichen.
Beteiligung der Augen: Die Entzündung an den Augen kann oft nur vom Augenarzt eingeschätzt werden. Eshandelt sich um eines der schwerwiegendsten und häufigsten Zeichen (Symptome) der Erkrankung. Daher sind regelmäßige augenärztliche Kontrollen erforderlich. Insgesamt beträgt die Häufigkeit 50 %, doch bei Jungen kann sie bis auf 70 % ansteigen. Mädchen sind seltener betroffen. Bei den meisten Patienten sind beide Augen beteiligt. Zur Augensymptomatik kommt es in der Regel in den ersten drei Jahren nach Krankheitsausbruch. Der Verlauf der Augenerkrankung ist chronisch (das heißt über einen langen Zeitraum immer wiederkehrend) mit gelegentlichen Schüben. Nach jedem Schub kommt es zu einer Schädigung der Strukturen, was zu einem allmählichen Verlust der Sehkraft führen kann. Die Behandlung konzentriert sich auf die Eindämmung der Entzündung, die Verhinderung von Schüben und die Vorbeugung oder Minimierung des Verlustes der Sehkraft.
Beteiligung der Gelenke: Eine Gelenkbeteiligung tritt bei ca. 30 - 50% der an MB erkrankten Kinder auf. Typischerweise betroffen sind die Knöchel, Knie, Handgelenke und die Ellbogen, wobei die Symptome normalerweise an weniger als vier Gelenken auftreten. Die Entzündung kann zu Gelenkschwellungen, Schmerzen, Steifigkeit und Bewegungseinschränkungen führen. Glücklicherweise dauern diese Symptome in der Regel nur einige Wochen an und heilen von selbst ab. Nur sehr selten führen diese Entzündungen zu Gelenkschäden.
Beteiligung der Nerven: In seltenen Fällen treten bei Kindern mit MB neurologische Probleme auf. Typisch sind Krampfanfälle, erhöhter intrakranieller Druck (Druck innerhalb der Schädelhöhle) mit einhergehenden Kopfschmerzen und Gehirnsymptomen (Gleichgewicht oder Gang). Die schwersten Krankheitsverläufe werden bei männlichen Patienten beobachtet. Einige Patienten können psychische Probleme bekommen.
Beteiligung der Gefäße: Die Erkrankung und Entzündung der Gefäße tritt bei ca. 12 - 30 % der jugendlichen MB-Patienten auf. Sowohl die Venen als auch die Arterien können betroffen sein. Gefäße aller Größen können beteiligt sein. Häufig sind die Gefäße der Waden betroffen, die dann anschwellen und schmerzen. Die Erkrankung wird daher als Vaskulitis (Entzündung von Gefäßen unterschiedlicher Größe) eingeordnet. Eine Gefäßentzündung der großen Gefäße ist sehr ernstzunehmen und ist manchmal schwierig zu therapieren.
Beteiligung des Magen-Darm-Trakts: Bei der Untersuchung des Darms zeigen sich Geschwüre. Diese Komplikation tritt besonders häufig bei Patienten aus dem Mittleren Osten auf.

1.8 Verläuft die Erkrankung bei jedem Kind gleich?
Nein, sie verläuft nicht jedes Mal gleich. Bei einigen Kindern ist der Krankheitsverlauf leicht und es kommt in unregelmäßigen Abständen zu Geschwüren im Mund und Wunden auf der Haut. Bei anderen Patienten dagegen kann es zu einer Beteiligung der Augen und des Nervensystems kommen. Es gibt auch einige Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen. Bei Jungen ist der Krankheitsverlauf in der Regel schwerwiegender als bei Mädchen, und es kommt häufiger zu einer Beteiligung der Augen und der Gefäße. Das klinische Erscheinungsbild der Erkrankung kann in verschiedenen Teilen der Welt unterschiedlich sein und kommt unterschiedlich oft vor.

1.9 Unterscheidet sich die Erkrankung bei Kindern und Erwachsenen?
Im Vergleich mit Erwachsenen kommt MB im Kindes- und Jugendalter selten vor, doch bei Kindern gibt es mehr familiäre Fälle von MB als bei Erwachsenen. Das Erscheinungsbild der Erkrankung nach der Pubertät ähnelt mehr der Erkrankung im Erwachsenenalter. Allgemein gilt, dass MB im Kindes- und Jugendalter trotz einiger Unterschiede viele Ähnlichkeiten mit der Erkrankung im Erwachsenenalter aufweist.

2. DIAGNOSE UND THERAPIE

2.1 Wie wird die Erkrankung diagnostiziert?
Die Diagnose erfolgt hauptsächlich anhand der körperlichen Zeichen (Symptome). Es kann ein bis fünf Jahre dauern, bis ein Kind die internationalen Kriterien erfüllt, die für die Diagnose von MB festgelegt wurden. Diese Kriterien sehen das Vorliegen von Geschwüren in Mund plus zwei der folgenden Merkmale vor: Geschwüre an den Genitalien, die typischen Hautveränderungen und ein positiver Pathergie-Test oder eine Beteiligung der Augen. Die Diagnose wird in der Regel mit einer Verzögerung von durchschnittlich drei Jahren gestellt.
Es gibt keine speziellen Laborbefunde für MB. Ungefähr die Hälfte der Kinder mit MB ist Träger des genetischen Markers HLA-B5, der mit den schwerwiegenderen Krankheitsverläufen verbunden ist.
Wie bereits weiter oben beschrieben erbringt der Hauttest bei ca. 60 - 70 % der Patienten ein positives Ergebnis. Doch die Häufigkeit ist in bestimmten Ländern niedriger. Zur Diagnose einer Beteiligung der Gefäße und des Nervensystems kann eine spezielle Bildgebung der Gefäße oder des Gehirns erforderlich sein.
MB ist eine multisystemische Erkrankung, die die Zusammenarbeit zwischen Spezialisten für die Behandlung der Augen (Augenarzt), der Haut (Dermatologe) und des Nervensystem (Neurologe) notwendig macht. Daher ist es ganz wichtig, dass die Patienten alle Informationen (z.B. Arztbriefe, MRT-bilder etc.) der verschiedenen Ärzte sammeln, damit die Ärzte sich wegen der Behandlung gut absprechen können.

2.2 Welche Bedeutung haben Laboruntersuchungen/-tests?
Ein Pathergie-Hauttest ist sehr wichtig für die Diagnose. Dieser Test ist in den Klassifikationskriterien der internationalen Studiengruppe für Morbus Behçet aufgeführt. In die Haut auf der Innenseite des Unterarms erfolgen drei Einstiche mit einer sterilen Kanüle, die fast gar nicht weh tun. 24 bis 48 Stunden danach wird die Reaktion der Haut bewertet. Eine gesteigerte Überreaktion der Haut kann auch an Stellen auftreten, an denen Blutproben entnommen wurden, oder nach Operationen. Daher sollten sich Patienten mit MB keinen unnötigen chirurgischen Eingriffen unterziehen.
Einige Blutuntersuchungen werden zum Ausschluss möglicher anderer Erkrankungen durchgeführt, aber es gibt keine spezielle Laboruntersuchung zum Nachweis von MB. Im Allgemeinen gilt, dass bei den Untersuchungen leicht erhöhte Entzündungswerte festgestellt werden. Ferner können eine leicht Anämie (Blutarmut) und eine erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen nachgewiesen werden. Eine Wiederholung dieser Untersuchungen ist notwendig, wenn der betroffene Patient im Hinblick auf die Krankheitsaktivität und Medikamentennebenwirkungen beobachtet wird.
Bei Kindern mit einer Beteiligung der Gefäße und des Nervensystems kommen verschiedene bildgebende Verfahren und Untersuchungen zum Einsatz.

2.3 Kann die Erkrankung behandelt oder geheilt werden?
Die Erkrankung kann zum Stillstand gebracht werden; es kann aber auch zu Schüben kommen. Sie kann unter Kontrolle gebracht, aber nicht geheilt werden. Häufig sind dafür einige Medikamente notwendig.

2.4 Welche Behandlungen stehen zur Verfügung?
Es gibt keine spezielle Behandlung, da die Ursache für MB unbekannt ist. Die lokale Behandlung von Geschwüren (Aphten) im Mund und an den Genitalien ist wichtig. Aufgrund der möglichen Beteiligung verschiedener Organe muss jeweils ein anderer Behandlungsansatz gewählt werden. Manche Patienten brauchen keine Medikamente andere brauchen mehrere Medikamente in Kombination. Fast alle verfügbaren Daten über die Behandlung von MB stammen aus Studien mit Erwachsenen. Die wichtigsten Medikamente sind im Folgenden aufgeführt:
Colchicin:: Dieses Medikament wird bei fast allen Erscheinungsformen der MB eingesetzt. In einer kürzlich durchgeführten Studie wurde jedoch nachgewiesen, dass Colchicin wirksamer zur Behandlung von Gelenkproblemen und Erythema nodosum und zur Reduzierung von Schleimhautgeschwüren ist.
Kortikosteroide: Kortikosteroide (Kortison) sind sehr wirksam zur Kontrolle der Entzündung. Kortikosteroide werden hauptsächlich Kindern mit Beteiligung der Augen, des zentralen Nervensystems und der Gefäße verabreicht und dann in großen oralen Dosierungen (1 - 2 mg/kg/Tag). Bei Bedarf können sie auch in höheren Dosen intravenös verabreicht werden (30mg/kg/Tag, verabreicht in drei Dosen jeden zweiten Tag), um eine sofortige Reaktion zu erzielen. Topische (lokal verabreichte) Kortikosteroide werden zur Behandlung von Mundgeschwüren und Augenerkrankungen (in Form von Augentropfen) verabreicht.
Immunsuppressiva: Diese Medikamente werden Kindern mit schwerem Krankheitsverlauf verabreicht, insbesondere wenn eine Beteiligung der Augen, der wichtigsten Organe und der Gefäße vorliegt. Zu den Medikamenten dieser Gruppe zählen Azathioprin, Cyclosporin-A und Cyclophosphamid. Häufig kann man so Kortison einsparen.
Aggregationshemmer und Blutverdünnungstherapie: Beide Möglichkeiten (Optionen) kommen in ausgewählten Fällen mit Gefäßbeteiligung zum Einsatz. Bei der Mehrheit der Patienten reicht wahrscheinlich Aspirin für diesen Zweck aus.
Anti-TNF-Therapie: Diese neue Medikamentengruppe ist bei gewissen Erscheinungen der Erkrankung nützlich.
Thalidomid: Dieses Medikament wird (sehr selten und nur in einigen Kliniken) zur Behandlung von großen Mundgeschwüren eingesetzt.
Neben einem Kinderrheumatologen sollte das Team aus verschiedenen notwendigen Spezialisten bestehen. Die Vielfältigkeit des Erscheinungsbildes der Erkrankung macht die Zusammenarbeit zwischen Spezialisten für die Behandlung der Augen (Augenarzt), der Haut (Dermatologe), Blutspezalist (Hämatologe) und des Nervensystems (Neurologe) notwendig. Daher ist es ganz wichtig, dass die Patienten alle Informationen (z.B. Arztbriefe,MRT-bilder etc.) der verschiedenen Ärzte sammeln, damit die Ärzte sich wegen der Behandlung gut absprechen können. Die Angehörigen und der betroffene Patient sollten stets in Kontakt mit dem behandelnden Arzt oder dem Behandlungszentrum stehen.

2.5 Welche Nebenwirkungen haben medikamentöse Therapien?
Durchfall ist die häufigste Nebenwirkung von Colchicin. In seltenen Fällen kann dieses Medikament zu einem Abfall der weißen Blutzellen oder Thrombozyten führen. Es wurden Fälle von Azoospermie (Verringerung der Spermienzahl) berichtet, aber in den bei dieser Krankheit eingesetzten therapeutischen Dosen stellt dies kein großes Problem dar. Die Spermienzahl wird wieder normal, wenn die Dosis gesenkt oder die Behandlung abgesetzt wird.
Kortikosteroide sind die wirksamsten nichtsteroidalen Antirheumatika, doch ihre Anwendung unterliegt Grenzen, da sie langfristig mit schwerwiegenden Nebenwirkungen, wie z. B. Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Osteoporose, grauer Star und Wachstumsverzögerungen, verbunden sind. Kinder, die mit Kortikosteroiden behandelt werden müssen, sollten die Dosis einmal am Tag morgens verabreicht bekommen. Bei langfristiger Anwendung sollten Calcium-Präparate ergänzend zur Therapie eingenommen werden.
Unter den Immunsuppressiva kann Azathioprin unter anderem zu Leberwerterhöhungen führen, zu einer Verringerung der Anzahl an roten und weißen Blutkörperchen führen und die Anfälligkeit für Infektionen erhöhen. Cyclosporin-A ist hauptsächlich für die Nieren problematisch, kann aber auch Bluthochdruck, eine verstärkte Körperbehaarung und Zahnfleischprobleme hervorrufen. Zu den Nebenwirkungen von Cyclophosphamid zählen Knochenmarkdepression und Blasenprobleme. Die langfristige Einnahme kann zu unregelmäßigen Monatszyklen und Unfruchtbarkeit führen. Patienten, die mit Immunsuppressiva behandelt werden, müssen engmaschig beobachtet werden, und es müssen alle ein bis zwei Monate Blut- und Urinuntersuchungen durchgeführt werden.
Auch Anti-TNF-Medikamente und andere Biologika werden zunehmend eingesetzt, wenn spezielle Symptome der Erkrankung nicht auf die Therapie ansprechen. Anti-TNF-Medikamente und andere Biologika erhöhen unter anderem die Häufigkeit von Infektionen. Die Notwendigkeit sollte durch einen erfahrenen Behandler entschieden werden.

2.6 Wie lange sollte die Behandlung durchgeführt werden?
Diese Frage kann nicht generell beantwortet werden. Eine immunsuppressive Therapie wird über Jahre durchgeführt. Sie kann in Einzelfällen abgestzt werden, wenn der Patient mindestens zwei Jahre lang beschwerdefrei und ohne Krankheitszeichen ist. Bei Kindern mit Gefäß-, Gehirn- oder Augenbeteiligung ist es jedoch schwierig, die Krankheit zum Stillstand zu bringen. In diesen Fällen muss die Therapie länger dauern. Dann werden die Medikamente und Dosierungen anhand des klinischen Erscheinungsbildes angepasst. Häufig muss eine Therapie auch das ganze Leben lang durchgeführt werden.

2.7 Gibt es alternative/ergänzende Therapien?
Es gibt zahlreiche ergänzende und alternative Therapien, so dass dies ein verwirrendes Thema für Patienten und ihre Angehörigen sein kann. Am besten informieren sie ihren Arzt. Sie sollten sorgfältig über die Risiken und Nutzen solcher Therapien nachdenken, da deren Nutzen nur unzureichend nachgewiesen wurde und sie sowohl in Bezug auf den zeitlichen Aufwand, die Belastung für das Kind und auch die Kosten unverhältnismäßig sein können. Wenn Sie ergänzende und alternative Therapien ausprobieren möchten, besprechen Sie diese Möglichkeiten bitte mit Ihrem Kinderrheumatologen. Bei einigen dieser Therapien können Wechselwirkungen mit den konventionellen Medikamenten auftreten. Die meisten Ärzte stehen anderen Möglichkeiten nicht ablehnend gegenüber, sofern Sie sich an die ärztlichen Anweisungen halten. Es ist sehr wichtig, dass Ihr Kind die verschriebenen Medikamente nicht absetzt. Wenn Medikamente notwendig sind, um die Erkrankung zu kontrollieren, kann es sehr gefährlich sein, diese abzusetzen, während die Krankheit noch aktiv ist. Bitte besprechen Sie alle Fragen zu Medikamenten und Änderungen der Therapie mit dem behandelnden Arzt Ihres Kindes.

2.8 Welche regelmäßigen Kontrollen sind notwendig?
Regelmäßige Kontrollen sind notwendig, um die Krankheitsaktivität und die Behandlung zu überwachen. Besonders wichtig sind sie bei Kindern mit Augenentzündung. Die Augen sollten von einem Augenarzt mit Erfahrungen in der Behandlung von Uveitis (entzündliche Augenerkrankung) untersucht werden. Die Häufigkeit der Kontrollen ist von der Krankheitsaktivität und der verabreichten Medikation abhängig.

2.9 Wie lange dauert die Erkrankung?
Typischerweise macht sich der Krankheitsverlauf dadurch bemerkbar, dass die Krankheitssymptome abwechselnd abklingen und wiederaufflackern. Die Gesamtaktivität der Krankheit nimmt normalerweise mit der Zeit ab.

2.10 Wie sieht die Langzeitentwicklung (vorhergesagter Verlauf und Ergebnis) der Erkrankung aus?
Es liegen nur unzureichende Daten über die Langzeitbeobachtung von Patienten mit MB im Kindes- und Jugendalter vor. Anhand der verfügbaren Daten wissen wir, dass viele MB-Patienten keine Behandlung benötigen. Doch bei Kindern mit Beteiligung der Augen, des Nervensystems und der Gefäße sind eine spezielle Behandlung und Verlaufsbeobachtung erforderlich. MB kann zum Tode führen. Doch dies geschieht nur sehr selten und hauptsächlich infolge einer Gefäßbeteiligung (Riss der Lungenarterien oder andere periphere Aneurysmen (ballonartige Erweiterungen der Blutgefäße), einer schwerwiegenden Beteiligung des zentralen Nervensystems und Geschwüren und Perforationen im Magen-Darm-Trakt, eine Komplikation, die besonders bei bestimmten ethnischen Gruppen (z. B. Japaner) festgestellt wird. Die Hauptursache für Morbidität (schlechtes Ergebnis) sind Augenerkrankungen, die einen schwerwiegenden Verlauf nehmen können. Es kann zu Wachstumsstörungen, hauptsächlich als Sekundärfolge der Kortisonbehandlung, kommen.

2.11 Kann der Patient wieder vollständig gesund werden?
Kinder mit einem leichteren Krankheitsverlauf können wieder gesund werden, doch bei der Mehrheit der kindlichen (pädiatrischen) Patienten kommt es zu langen symptomfreien Zeiträumen, die jedoch von Krankheitsschüben abgewechselt werden.


3. ALLTAG

3.1 Wie wirkt sich die Erkrankung auf das Alltagsleben des Kindes und seiner Angehörigen aus?
Wie jede andere chronische Erkrankung wirkt sich MB auf das Alltagsleben des Kindes und seiner Angehörigen aus. Wenn die Erkrankung einen leichten Verlauf ohne Beteiligung der Augen oder eines wichtigen Organs nimmt, können das Kind und seine Angehörigen in der Regel ein normales Leben führen. Zu den häufigsten wiederkehrenden Problemen zählen Mundgeschwüre, die viele Kinder als sehr störend empfinden. Diese Wunden können schmerzhaft sein und das Kind beim Essen und Trinken behindern. Auch die Beteiligung der Augen kann ein großes Problem für die Familie darstellen.

3.2 Was ist mit der Schule?
Es ist sehr wichtig, dass die schulische Ausbildung von Kindern mit chronischen Erkrankungen nicht unterbrochen wird. Sofern keine Beteiligung der Augen oder wichtigen Organe vorliegt, können Kinder mit MB regelmäßig am Unterricht teilnehmen. Eine Sehbehinderung kann besondere Maßnahmen im Unterricht erforderlich machen.

3.3 Was ist mit Sport?
Solange lediglich eine Beteiligung der Haut und der Schleimhäute vorliegt, kann das Kind an allen sportlichen Aktivitäten teilnehmen. Während der akuten Phasen der Gelenkentzündungen sollte kein Sport getrieben werden. Die Gelenkentzündung bei MB ist von kurzer Dauer und heilt vollständig ab. Sobald die Entzündung abgeklungen ist, können die Patienten wieder Sport treiben. Doch Kinder mit einer Beteiligung der Augen und der Gefäße sollten ihre körperlichen Aktivitäten einschränken.

3.4 Was ist mit der Ernährung?
Es gibt keine Einschränkungen bei den Nahrungsmitteln. Im Allgemeinen sollte sich das Kind ausgewogen, normal und altersentsprechend ernähren. Der Ernährungsplan eines heranwachsenden Kindes sollte gesund und ausgewogen sein und eine ausreichende Zufuhr an Proteinen, Calcium und Vitaminen gewährleisten. Patienten, die mit Kortikosteroiden behandelt werden, sollten darauf achten, nicht zu viel zu essen, da diese Medikamente appetitanregend sind.

3.5 Kann das Wetter den Verlauf der Erkrankung beeinflussen?
Nein, es gibt keine bekannten Wirkungen des Wetters auf die Symptome von MB.

3.6 Darf das Kind geimpft werden?
Der Arzt entscheidet darüber, welche Impfungen das betroffene Kind erhalten darf. Wenn das Kind mit einem immunosuppressiven Medikament (Kortikosteroide, Azathioprin, Cyclosporin-A, Cyclophosphamid, Anti-TNF usw.) behandelt wird, muss eine Impfung mit Lebendimpstoffen (gegen Röteln, Masern, Mumps, Polio Sabin) verschoben werden.
Impfstoffe, die nicht aus lebenden Mikroorganismen hergestellt werden, sondern nur infektiöse Proteine enthalten (gegen Tetanus, Diphtherie, Polio Salk, Hepatitis B, Keuchhusten, Pneumokokken, Haemophilus, Meningokokken, Influenza), dürfen verabreicht werden.

3.7 Was ist hinsichtlich Sexualleben, Schwangerschaft und Empfängnisverhütung zu beachten?
Eines der Hauptsymptome, das sich auf das Sexualleben auswirken kann, ist die Entstehung von Genitalgeschwüren. Diese können wiederkehrend und schmerzhaft sein und sich störend auf den Geschlechtsverkehr auswirken. Bei weiblichen MB-Patienten ist der Krankheitsverlauf in der Regel leicht und sie können eine normale Schwangerschaft verleben. Wenn ein Patient mit Immunsuppressiva behandelt wird, sollte der Einsatz von Verhütungsmitteln in Erwägung gezogen werden. Die Patienten sollten den Rat ihres Arztes bei Fragen zu Verhütungsmethoden und Schwangerschaft einholen.


 
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